Geschichte und Renaissance des Leinens
Leinen – oder „Flachs“ auf Englisch – verkörpert die Essenz raffinierter Natürlichkeit. Hergestellt aus dem Stängel der Flachspflanze, zählt dieses edle Textil zu den ältesten der Welt und wird seit über 10.000 Jahren angebaut und gewebt. Bereits 5000 v. Chr. hüllten die Ägypter ihre Pharaonen in Leinenschleier, ein Symbol für Reinheit und Ewigkeit. Im antiken Griechenland, im Römischen Reich und im mittelalterlichen Europa war Leinen der dezente, aber unverzichtbare Begleiter von Wolle und wurde für seine Leichtigkeit, Strapazierfähigkeit und schlichte Eleganz geschätzt.
Flachs heute
Nachdem Leinen die Garderobe des Adels im vorindustriellen Europa dominiert hatte, geriet es im 19. Jahrhundert in Vergessenheit und wurde durch die erschwinglichere Baumwolle ersetzt. Doch sein Reiz blieb ungebrochen. Heute erlebt es ein starkes Comeback und wird von den anspruchsvollsten Modehäusern neu interpretiert. Strapazierfähig, atmungsaktiv und biologisch abbaubar – Leinen fasziniert wieder, nicht nur durch seine natürliche Schönheit, sondern auch durch seine Umweltverträglichkeit.
Die Bastfaser, die hauptsächlich in Frankreich, Irland, den Niederlanden und Mitteleuropa angebaut wird, wird durch Rösten und Schwingen aus den Stängeln der Pflanze gewonnen, entweder von Hand oder maschinell. Das Ergebnis? Eine lange, geschmeidige und bemerkenswert starke Bastfaser.
Eine Faser des Charakters
Im Gegensatz zu Baumwolle zeichnet sich Leinen durch seine langen, gleichmäßigen Fasern (50 bis 90 cm) aus, die durch Pektin, ein natürliches Bindemittel, zusammengehalten werden. Es wächst im Sommer und nimmt vor der Ernte, dem Trocknen und der sorgfältigen Verarbeitung einen zarten bläulichen Farbton an. Jeder Schritt – vom Rösten bis zum Kämmen – veredelt die Faser und bringt ihre volle Feinheit zum Vorschein. Zu kurzem Garn versponnen, entsteht ein Stoff mit dezentem Glanz, der geschmeidig und strapazierfähig ist.
Eigenschaften
Leinen hat von Natur aus eine Farbpalette von Elfenbeinweiß bis Silberbraun und lässt sich zudem hervorragend färben. Seine dichte, glatte Webart verhindert Staubansammlungen und macht es so zu einem natürlich antibakteriellen und hypoallergenen Textil. Es reguliert die Feuchtigkeit wie kein anderes Material: Es kann bis zu 35 % seines Eigengewichts an Wasser aufnehmen und sofort wieder abgeben – und sorgt so für angenehme Kühle im Sommer und wohlige Wärme im Winter.
Seine temperaturregulierenden Eigenschaften, kombiniert mit seinem weichen und kühlen Tragegefühl, machen es zur idealen Wahl für empfindliche Haut und extreme Klimazonen. Daher findet man es in Schuhfutter, feiner Lingerie und den leichtesten Sommerhemden.
Ästhetik & Altern
Leinen lügt nicht. Es knittert, es lebt, es wird weicher. Diese Unvollkommenheit macht es so schön. Anstatt sich abzunutzen, gewinnt es mit jeder Wäsche an Geschmeidigkeit und Glanz. Gut getragenes Leinen entwickelt eine seidige Textur und einen individuellen, charakteristischen Look – jedes Stück ist einzigartig. Je nach Webart unterscheiden wir zwischen reinem Leinen (100 %) und Leinenmischgewebe (mindestens 40 % Leinen, Leinen-Schuss und Baumwollkette).
Wartungstipps
Waschen Sie Leinen auf links bei maximal 40 °C mit einem milden, aufhellerfreien Waschmittel. Überladen Sie die Trommel nicht. Schleudern Sie die Wäsche sanft, bügeln Sie sie im leicht feuchten Zustand mit Dampf und lassen Sie sie im Schatten an der Luft trocknen. Vermeiden Sie das Trocknen im Wäschetrockner, außer bei niedriger Temperatur und in kleinen Mengen. Empfindliche Textilien sollten vor dem Waschen in einen Kissenbezug gesteckt werden. Wickeln Sie Ihre Leinenkleidung auf Reisen in Seidenpapier ein, um tiefe Falten zu vermeiden.
Abschluss
Leinen ist ein bleibender Schatz – eine seltene Faser mit unzähligen Verwendungsmöglichkeiten. Sie ziert die Haute Couture: Anzüge, Hemden, Hosen, Jacken, Kleider und Sommerblusen. Auch im Zuhause findet sie Verwendung: Bettwäsche, Tischdecken, Vorhänge und Geschirrtücher. Neben ihrer Eleganz prägt sie auch Bücher, Taschen, Funktionsstoffe und umweltfreundliche Inneneinrichtungen. Jeder Teil der Pflanze ist wertvoll – von den langen Fasern bis zu den Leinsamen, die zu Öl oder Tierfutter verarbeitet werden.

